Braucht man den „Doktor PV“, damit man seinen eigenen Strom erzeugen und teilen kann?

Braucht man den „Doktor PV“, damit man seinen eigenen Strom erzeugen und teilen kann?

Landtagsanfrage zu bürokratischen Hürden bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen liegt vor

Der Trend zum eigenen „Sonnenkraftwerk“ ist ungebrochen. Sowohl beim Neubau als auch im Bestand entscheiden sich immer mehr Menschen in Vorarlberg, ihren Strom in Eigenregie zu erzeugen. Ist die Realisierung einer PV-Anlage auf einem Einfamilienhaus rechtlich und finanziell eine relativ einfache Übung, so nimmt die Komplexität in einer kleinen Wohnanlage schon deutlich zu. „Wenn beispielsweise in einer Mehrparteienanlage eine Wohnung vermietet ist, kann sich nur die Mieterin oder der Mieter an der PV-Anlage beteiligen, denn der Stromzähler läuft auf sie oder ihn. Jeder Mieterwechsel stellt also ein Problem dar, weil theoretisch der neue Mieter dem alten Mieter die Beteiligung abkaufen müsste“, verdeutlicht Clemens Ender die rechtliche Komplexität in der Praxis. Gehört zumindest eine Wohnung in der Anlage einem Unternehmen, so tauchen zusätzlich einige steuerliche Fragen auf: „Besteht für Unternehmen eine Vorsteuerabzugsberechtigung? Sind Erträge bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen?“, beschreibt Ender, von Beruf Rechtsanwalt, die Herausforderungen.

„Man ist verleitet zu fragen, braucht es den Dr. PV, um hier den Durchblick zu bekommen?“, formulieren es die beiden VP-Abgeordneten Clemens Ender und Christina Hörburger etwas humoristisch, die nun mit einer parlamentarischen Anfrage an Landesrat Daniel Zadra für mehr Klarheit sorgen wollen. Beide Abgeordneten sind sich einig, dass die Realisierung einer PV-Anlage nicht an diesen rechtlichen Fragen scheitern darf: „Wenn Vorarlberg in Sachen Klimaschutz und Energiewende weiterhin Vorreiter sein will, dann brauchen wir jeden zusätzlichen Quadratmeter Sonnenenergie auf unseren Dächern. Die Umsetzung muss möglichst einfach sein und ohne große Vorkenntnisse erfolgen können!“.

Voraussetzung dafür sind einfache Verträge, speziell zur Regelung des Verhältnisses der Anlagenbetreiber untereinander: wie wird der Stromertrag aufgeteilt und abgerechnet; was passiert, wenn jemand aus der Gemeinschaft ausscheiden will, etc.. Einige Musterverträge existieren zwar, leider jedoch nicht für alle genannten Konstellationen. „Eine Servicestelle speziell auch für rechtliche und betriebswirtschaftliche Fragen – etwa beim Energieinstitut Vorarlberg – könnte hier dafür sorgen, dass es solchen Gemeinschaftsprojekten erleichtert wird, eine Photovoltaik auf ihrem Wohnobjekt zu installieren“, sind Hörburger und Ender überzeugt.

Eine Ebene über den gemeinschaftlichen Erzeugeranlagen bewegen sich die „Erneuerbaren Energiegemeinschaften“ (kurz: EEG). Vor rund zwei Jahren sind die gesetzlichen Grundlagen dafür in Kraft getreten. „EEGs sind Zusammenschlüsse von mindestens zwei Teilnehmern an unterschiedlichen Wohnadressen, die gemeinsam Strom erzeugen und diesen verbrauchen. Dabei wird unterschieden, welche Netzebene für den Austausch des Stroms benötigt wird. Ist es nur das Niederspannungsnetz kann eine EEG relativ einfach umgesetzt werden. Der Strom vom Dach meines Hauses in die Steckdose meines Nachbarn. Liegen die Objekte jedoch weiter auseinander und andere Netzebenen sind miteingebunden, wird es äußerst komplex bis gar unmöglich, eine EEG umzusetzen – den Strom meines Hauses in Bregenz, für die Wohnung meiner Kinder in Feldkirch“, erläutern die beiden Abgeordneten.

Die Etablierung von EEGs ist rechtlich ebenso komplex bzw. aufwändig: Für jede EEG wird eine eigene Rechtspersönlichkeit benötigt. So kommen die Mitglieder nicht umher einen Verein oder gar eine Personen- oder Kapitalgesellschaft für den Austausch von selbst erzeugtem Strom zu gründen. „Zusammenfassend kann man sagen, dass der Aufwand eine EEG zu betreiben aus heutiger Sicht vor allem für Privatpersonen viel zu hoch ist. So bleibt der erhoffte Schub durch die EEGs für die Energiewende aus. Was bleibt sind viele offene Fragen, so die VP-Energiesprecherin Christina Hörburger über dieses eigentlich wichtige Puzzleteil für das Projekt Energieautonomie.

„Unsere Anfrage will deshalb zusätzlich in Erfahrung bringen, wie die EEGs in Vorarlberg angelaufen sind und wie das Feedback der Betreiberinnen und Betreiber ist. Auch hier soll die Anfrage helfen, allfällige Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, damit die Energiewende in unserer Region Zug um Zug Realität wird“, so Hörburger abschließend.

Foto: Vorarlberger Volkspartei


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